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Belletristik

All das zu verlieren – Leïla Slimani

Hey hey, diese Rezension erschien zunächst in einer bestimmten Rubrik, die ich aber nicht mehr weiterführen möchte. Da mir das Buch aber durchaus am Herzen liegt, bleibt die Besprechung meinem Blog erhalten. Das Buch erschien 2019 im Luchterhand-Verlag.

Inhalt zusammengefasst

Adèle führt mit ihrem Ehemann, der als Chirurg tätig ist, ein unabhängiges Leben in Paris. Sie arbeitet für eine große Tageszeitung der Stadt und beide haben einen gemeinsamen Sohn. Durch ihre Berufe führen sie ein angenehmes Leben ohne finanzielle Sorgen und gönnen sich Kurzurlaube am Meer. Trotz dieser ganzen Umstände ist Adèle aber alles andere als glücklich. Während ihr Mann sein Leben zu schätzen scheint, langweilt sie sich mehr und mehr und gibt sich sexuellen Abenteuern mit fremden Männern hin. Nach und nach entgleitet Adèle immer mehr die Kontrolle.

Wie war »All das zu verlieren«?

Leïla Slimani beschreibt das Verhalten ihrer Protagonistin Adéle schonungslos offen und bringt so deren Zerrissenheit auf den Punkt. Die junge Frau provoziert und polarisiert durch ihre sexuellen Ausschweifungen und wirkt dennoch sehr menschlich. Die Frage, wie eine Frau ihrem Mann und ihrem Sohn das antun kann, schwingt beim Lesen immer mit und dennoch möchte man Adéle mögen. Das macht die Einzigartigkeit von Slimanis Büchern aus: sie lässt Raum für Interpretationen und ringt ihren Lesern Verständnis und Akzeptanz für ihre Figuren ab.

Die kurzen Kapitel spiegeln den fragwürdigen Lebenswandel von Adéle hinreichend wieder. Neben den gegenwärtigen Geschehnissen sind es zudem Rückblenden, durch welche die Geschichte lebt. Als Leser erfährt man vieles über die Kindheit von Adéle und lernt die Familien beider Ehepartner kennen, sodass sich manches Puzzleteil zusammenzufügen scheint. Der Erzählstil ist griffig und derb, die Beschreibungen und Handlungen Adéles haben mich manches Mal schockiert zurück gelassen.

Mich konnte Leïla Slimani wieder einmal vollends überzeugen. Sie schafft ein beschauliches Setting, ein nach außen hin perfektes Familienleben und zeigt auch dieses Mal menschliche Abgründe auf. Ich mag ihre direkte, ungeschönte Ausdrucksweise und den tiefen Blick in die Seele ihrer Figuren. Auch »All das zu verlieren« bleibt im Gedächtnis und hallt noch lange nach.

Fazit

Grausam, tragisch und schockierend. Slimani versteht es auch in diesem Roman, ihre Leser nachhaltig in den Bann zu ziehen.

Leïla Slimani

Leïla Slimani, geboren 1981 in Rabat, Marokko, ist eine französisch-marokkanische Schriftstellerin und Journalistin. 1999 studierte sie Medien und Politik in Paris und arbeitete danach kurz als Schauspielerin. Seit 2008 ist sie als Journalistin tätig. 2014 wurde sie für Dans le jardin de l´ogre mit dem marokkanischen Preis Prix de la Mamounia und 2016 für Chanson douce mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Slimani lebt in Paris.


All das zu verlieren

von Leïla Slimani
im Original erschienen unter dem Titel »Dans le jardin de l’ogre«
Aus dem Französischen von Amelie Thoma
Luchterhand | 2019 | 224 Seiten
Hardcover | ISBN: 978 3 630 87553 8 | 22€


Könnt ihr euch für solch tragische Protagonisten erwärmen oder mögt ihr weniger harte Kost?

About Author

Ich (w, 36 Jahre) komme aus Berlin und lebe nach längeren Stationen in Hamburg und Freiburg nun in Wiesbaden. Ich mag Bücher und die Fotografie. Hier versuche ich beides miteinander zu vereinen.

3 Kommentare

  • […] Hier gibt’s mehr Herzensbücher: Artmonalisa, Zeilenzauberwelt, Zeilentänzerin […]

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  • Zeilenwanderer
    21. April 2020 at 7:11 am

    Hallo meine Liebe
    Schön, dass du wieder bei den Herzensbüchern dabei bist! Dein Herzensbuch April klingt nach ganz schön harter Kost und ich glaube, es ist wirklich eine Kunst, eine derart untreue Protagonistin doch noch so darstellen zu können, dass sie Leserinnen und Lesern sympathisch ist. Ich weiß nicht, ob ich das könnte 😀
    Alles Liebe
    Janika

    Reply
  • Alisa
    24. April 2020 at 2:54 pm

    Liebe Zeilentänzerin,

    schön, dass du bei der Aktion wieder mitgemacht hast. Ich liebe es, mir die Herzensbücher der anderen Blogger anzuschauen. Dein neustes Herzensbuch kannte ich noch nicht. Ich finde die Story aber sehr interessant. Ich gebe der lieben Janika recht, es klingt nach schwerer Kost, gerade weil die Protagonistin immer mehr die Kontrolle verliert. Aber das klingt authentisch.
    Danke, dass du dein Herzensbuch mit uns geteilt hast 🙂

    LG Alisa

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