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Manga & Comic

My Broken Mariko – Waka Hirako

Wie vorteilhaft es sein kann, die eigene Lese-Komfortzone zu verlassen, wurde mir kürzlich bewusst. Ich habe meinen allerersten Manga gelesen: »My Broken Mariko« von Waka Hirako. Empfohlen wurde er mir von meiner besten Freundin, auf deren Rat und Tipps ich mich grundsätzlich immer verlassen kann. So natürlich auch, wenn es um Bücher geht. Erschienen ist der Comic 2021 im Egmont-Verlag und setzt sich mit den ernsten Themen Suizid und dem daraus resultierenden Verlust von Hinterbliebenen auseinander.

Inhalt zusammengefasst

Mariko hat sich das Leben genommen. Ihre beste Freundin Shiino erfährt von dieser schrecklichen Nachricht ganz zufällig in ihrer Mittagspause. Zunächst sind da nur Unglaube und Fassungslosigkeit, die aber rasch tiefer Traurigkeit und Verzweiflung weichen. Mariko hatte eine traumatische Kindheit, weswegen Shiino dafür sorgen möchte, dass sie wenigstens nach ihrem Tod an einem besseren Ort ist. Deshalb fasst sie den Entschluss, ihre Asche ans Meer zu bringen.

Wie war »My Broken Mariko«?

Triggerwarnung: Suizid, Sexueller Missbrauch, Depressionen, Tod, Trauer

Ich denke, meine Vorstellung von einem Manga war immer sehr eindimensional und von Ressentiments geprägt. Auch deshalb freue ich mich im Nachhinein, dass sie sich in diesem Fall als unwahr herausstellten. Schon die Zeichnungen konnten mich überzeugen und auch, wenn es sich um einen sehr tragischen Inhalt handelt, wollte ich mehr über Mariko und Shiino erfahren. Ich habe ganz bewusst eine Triggerwarnung gesetzt, weil die behandelten Themen retraumatisierend wirken können. Ohne im Detail auf das einzugehen, was Mariko in ihrer Kindheit und Jugend widerfährt, möchte ich deutlich sagen, dass die Familienverhältnisse katastrophal und absolut erschütternd waren. Sowohl ihre Mutter, als insbesondere auch ihr Vater, haben sie seelisch und körperlich schwer misshandelt.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Marikos beste Freundin Shiino, die auf erschreckend banale Weise von dem Selbstmord dieser erfährt. Große Bestürzung, Wut und tiefe Ohnmachtsgefühle begleiten Shiino im folgenden Verlauf. Sie stellt sich die Frage, ob sie Mariko hätte helfen und von ihrer folgenschweren Entscheidung abbringen können. Diese quälenden Gedanken in Verbindung mit dem Wissen darüber, was Mariko zuhause widerfahren ist, bringen Shiino zu dem Vorhaben, sie wenigstens nach ihrem Ableben an einen besseren Ort zu bringen. So nimmt sie deren Urne an sich und fährt dorthin, wo Mariko gemeinsam mit Shiino immer sein wollte.

Selbst als Asche bist du noch genauso wie immer. Schillernd… nicht greifbar… lässt du dich vom Wind mitreißen. Und dann holt dich doch die Schwerkraft wieder ein.

Das Softcover hat mich rein illustratorisch sehr angesprochen, gleichsam hinterlässt das abgebildete Motiv einen bitteren Beigeschmack. Denn die junge, fest entschlossen wirkende Frau, hält darauf die Urne und somit die sterblichen Überreste ihrer besten Freundin im Arm. So steckt bereits die Frontansicht voller Aussagekraft und vermittelt einen ersten Eindruck. Die Geschichte ist in mehrere Kapitel eingeteilt und erzählt nach und nach von der unglücklichen Vergangenheit Marikos, bis hin zu ihrem stark auffälligen, nahezu toxischen Verhalten ihrer Freundin Shiino gegenüber. Dieser hat sie wiederholt auf immer eindrücklichere Weise nahelegt, sie nie allein lassen zu dürfen, da sie sich sonst etwas antun könnte. Somit behandelt Hirako in ihrem Manga eine Vielzahl an ernsten Themen und Situationen und macht auf die möglichen Folgen von Traumata und Depressionen aufmerksam.

In Shiino konnte ich mich jederzeit gut hineinversetzen. Sie trauert um ihre beste Freundin Mariko und gleichsam schlagen ihre Gefühle von Verzweiflung in Traurigkeit und Wut um. Sie fühlt sich allein gelassen und auch hilflos. Die Autorin zeigt die Perspektiven beider Freundinnen, indem sich Vergangenheit und Gegenwart abwechseln. So durchlebt Shiino schöne, als auch tieftraurige Momente mit Mariko. Das enge Band, das beide miteinander verband, war auch geprägt von einer emotionalen Abhängigkeit seitens Mariko, die in Shiino den einzigen Menschen sah, der ihrem Dasein einen Sinn verlieh. Ohne sie sah sie sich nicht mehr lebensfähig. Sehr eingängig empfand ich die dargestellten Emotionen, sowohl von Mariko als auch von Shiino, deren Gefühle ich ihnen in jedem Bild deutlich ansah. Gegen Ende ist es ein freundlicher Unbekannter, der Shiino wieder Hoffnung gibt.

Auf den letzten Seiten finden sich Informationen zum Thema Depression und Suizid, sowie hilfreiche Adressen und Links für Betroffene und Angehörige. Wer sich aus persönlichen Gründen nicht in der Lage fühlt, sich diesem Thema in Form eines Comics zu öffnen, sollte dieses Gefühl unbedingt ernst nehmen. Aus meiner Sicht wurde sich hier auf respektvolle Art und Weise mit einer tragischen Handlung befasst und die Autorin konnte mich sowohl zeichnerisch als auch inhaltlich voll und ganz mitnehmen. Von meiner Seite eine klare Empfehlung.

Fazit

Die tragische Geschichte einer jungen Frau, die keinen Ausweg mehr sah und ihrer besten Freundin, die allein zurückbleibt. Berührend, entschlossen und mutig beschreibt Waka Hirako eine tragische Entscheidung und ihre Folgen.

Waka Hirako

Waka Hirako ist eine japanische Schriftstellerin.


My Broken Mariko

von Waka Hirako
aus dem Japanischen von Cordelia Suzuki
Egmont Manga | 2021 | 208 Seiten
ab 16 Jahre | Taschenbuch | ISBN: 978 3 7704 3642 2 | 12.00€
Zum Buch


Lest ihr Mangas oder Comics und wie könnte euch »My Broken Mariko« gefallen, sofern ihr die Geschichte noch nicht kennt?

About Author

Ich (w, 36 Jahre) komme aus Berlin und lebe nach längeren Stationen in Hamburg und Freiburg nun in Wiesbaden. Ich mag Bücher und die Fotografie. Hier versuche ich beides miteinander zu vereinen.

2 Comments

  • Livia
    16. November 2022 at 12:21 pm

    Liebste Zeilentänzerin

    Oh ja, das glaube ich dir. Es kann einfach super heilsam und spannend sein, die Komfortzone zu verlassen. Ich sollte das auch wieder einmal machen. Vielen Dank für die Anregung.

    Alles Liebe an dich
    Livia

    Reply
    • Zeilentaenzerin
      19. November 2022 at 1:38 pm

      Hey Livia, ja es lohnt sich definitiv seine Komfortzone zu verlassen, wenn es um Buchgenres geht. Ich bin sehr froh darüber.

      Reply

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