Ihr Lieben, ich habe mein neuntes Buch in 2024 gelesen und freue mich über meine anhaltend große Lesemotivation. Derzeit macht mir mein anhaltendes Schwächegefühl neben einer Erkältung zu schaffen, sodass ich froh bin, dass ich zumindest Lesen kann. Den hier besprochenen Titel habe ich auf dem Blog von Marie entdeckt, denn dort finde ich regelmäßig wunderbare Literatur. »Clara und die Poesie des Lebens« von Stéphane Carlier, ist das erste Werk des Autoren, das im Deutschen erscheint, in diesem Fall bei C. Bertelsmann Ende letzten Jahres. Inhaltlich wird das Leben einer jungen Frau geschildert, die mit selbigem hadert und sich per Zufall mit dem Werk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit von Marcel Proust auseinandersetzt.
Inhalt zusammengefasst
Die sehr junge Protagonistin Clara arbeitet in einem Friseursalon, welcher auch einen der Schauplätze im Buch darstellt. Sie beschreibt die Zusammenarbeit mit ihrer Chefin und ihren Kolleg:innen, den Wünschen und Verhaltensweisen der Stammkundschaft sowie eher beiläufig die Beziehung zu ihrem Partner JB und ihren Eltern. Clara gibt sich dem Alltagstrott hin, ohne wirklich glücklich zu sein, scheint dies aber auch nicht im Besonderen zu hinterfragen, was sich schlagartig ändert, als sie - vergessen durch einen Kunden - auf das Werk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit von Marcel Proust aufmerksam wird. Seine Denkweisen beeindrucken Clara und nehmen nach und nach einen großen Raum in ihren Gedanken ein.
Wie war »Clara und die Poesie des Lebens«?
Ähnlich wie es auch Marie in ihrer Besprechung zum Buch beschreibt, war auch ich sehr angetan von dem Bucheinband, der an Strukturpapier erinnert und etwas edler wirkt als klassische Umschläge. Auch die Motivzeichnung auf dem Cover konnte mich mitnehmen, wie auch der verträumt anmutende Titel. Mein Interesse geweckt hat vor allem aber die Aussage, dass dieser Titel ein tolles Geschenk für jeden Buchliebhaber sei. Und was gibt es Schöneres, als Bücher über Literatur zu lesen? Ich jedenfalls mag das sehr und war umso neugieriger, was genau Stéphane Carlier seinen Leser:innen vermitteln möchte. Schon auf den ersten Seiten wird klar, dass die Protagonistin, Clara, das eigene Leben langweilig erscheint, sie den Fokus ihrer Überlegungen aber viel mehr auf ihr Umfeld, als die eigenen Empfindungen legt.
Bereits mit zwanzig Jahren so ermüdet vom eigenen Leben zu sein, empfand ich als sehr traurig, dennoch konnte mich die Figur der Clara nicht berühren. Ich kann weder sagen, dass ich sie mochte, noch, dass sie mir unsympathisch war, denn dafür blieb sie für mich zu blass. Ein Charakter, der für meinen Geschmack zu sehr auf der Strecke blieb, bis er, inspiriert von Marcel Proust und seinen Werken, eine Entwicklung durchmacht. Als Clara, die sich bis dahin wenig für Literatur begeistern kann, ganz zufällig Auf der Suche nach der verlorenen Zeit in die Hände fällt, löst das in ihr Emotionen aus, mit denen sie nicht rechnete. Sie liest voller Begeisterung und Vorfreude auf das was kommen wird und versucht die Sinnhaftigkeit von Proust´s Sätzen zu verstehen.
Auch wenn Auf der Suche nach der verlorenen Zeit nicht gerade ein Ratgeber für Trennungen ist, versteht Marcel es wie kein anderer, seine verlorenen Leser zu trösten. Erstens, weil seine Bücher klüger machen, was ja schon mal nicht nichts ist, und zweitens, weil er uns zeigt, dass die Liebe gar nicht existiert, dass sie nur eine Einbildung unseres Gehirns ist, eine Antwort auf den Frust der Existenz, auf die Angst davor, verlassen zu werden, dass die Person, die wir zu lieben glauben, in Wirklichkeit ganz anders ist, dass wir sie lieben, weil sie unerreichbar für uns ist, und sobald wir sie erobert haben, wissen wir nicht mehr, warum wir sie überhaupt begehrt haben, er zeigt uns, dass wir letzten Endes sowieso allein sind und dass wir in einer Beziehung entweder leiden oder uns zu Tode langweilen.
Seite 133
Die Schreibweise von Stéphanie Carlier ist nicht außergewöhnlich, liest sich jedoch angenehm und flüssig. Besonders das erste Kapitel (vier sind es an der Zahl), wirkte auf mich sehr melancholisch, fast schwermütig, was so womöglich auch gewollt war. Im weiteren Verlauf erhellt sich der Gemütszustand von Clara zusehends, was ausschließlich an ihrer Leseerfahrung mit Marcel Proust, insbesondere seinen Denkweisen und der Art sich auszudrücken zu liegen scheint. Sie notiert Zitate, die sie berühren, erzählt ihren Mitmenschen von ihrer wachsenden Begeisterung, so auch Kundinnen im Friseursalon, Kolleg:innen und ihrem Freund. Die Sprache des Autoren würde ich als anschaulich bezeichnen, sodass während des Lesens durchaus Bilder in meinem Kopf entstanden. Das letzte Kapitel, den Epilog, hätte es für mich nicht mehr gebraucht.
Alles in allem aber war es kein Buch, das ich Bücherliebhaber:innen unbedingt empfehlen würde. Mir persönlich fehlte Tiefe, die Charaktere konnten mich nicht einfangen und es entstanden keine anregenden Dialoge. Ich kenne Auf der Suche nach der verlorenen Zeit lediglich aufgrund seines Autoren, habe es nie gelesen und konnte mich daher nicht vollends in Clara und ihre Liebe für dieses Buch hineinversetzen. Dennoch finde ich die Idee von Stéphane Carlier interessant, ein klassisches Werk als Grundstein für ein Umdenken des eigenen Lebens oder sogar eigenen Denkens in einen Roman zu integrieren. Für meinen ganz persönlichen Geschmack aber ist die Umsetzung nicht ganz gelungen, was auch an meinen erhöhten Erwartungen an dieses Buch gelegen haben kann. Die Illustrationen allerdings gefielen mir sehr gut. Optisch ist es ein wunderschönes Werk.
Herzlichen Dank für deine lieben Worte und die Verlinkung, liebe Zeilentänzerin. ❤️
Bei dem letzten Kapitel stimme ich dir zu. Das war unnötig.
Alles Liebe
Marie
Hey Marie, selbstverständlich und sehr gerne! Ja, das sehen wir sehr ähnlich mit dem letzten Kapitel!