Hallo ihr Lieben, im Oktober habe ich gemeinsam mit Marie den Erzählband »Kummer aller Art« von Mariana Leky gelesen, der im Sommer letzten Jahres bei DuMont erschien. Etwas verspätet möchte ich euch nun dieses wunderbare Büchlein näher bringen, auch wenn ich im einleitenden Text schon vorwegnehme, dass mir das Buch gefallen hat. Definitiv ein schönes Weihnachtsgeschenk für Menschen, die sich für Kurzgeschichten begeistern können. Leky beschreibt in ihren kurzen Texten menschlichen Kummer anhand von Alltagssituationen.
Inhalt zusammengefasst
Erstmals erschienen die hier abgedruckten Texte als Kolumne in der Zeitschrift Psychologie heute. Mariana Leky hat sich in dieser Sammlung mit Menschen befasst, die auf die eine oder andere Weise der Kummer vereint. Sie schreibt von Schlafstörungen, Vergänglichkeit, Liebeskummer und Anspannung. Von alltäglichen Sorgen und wie ihre Figuren sie erleben. Doch eines wird auch ganz deutlich: Kummer kann gemeinsam getragen werden.
Wie war »Kummer aller Art«?
Es ist eine große innere Unordnung, welche die Menschen in Mariana Lekys Erzählsammlung eint. Doch gerade der Kummer ihrer Protagonisten ist es, der die 39 Kurzgeschichten so greifbar und nachvollziehbar macht. Und obwohl manche Themen schwermütig scheinen, hat der Inhalt beim Lesen viel mehr eine befreiende Wirkung. Ich fühlte mich verstanden und denke, dass das vielen anderen Leser:innen genau so ergangen sein könnte. Die einzelnen Geschichten gehen über knapp drei Seiten und lassen sich fließend lesen. Vor allem aber ist es der Schreibstil, der es einem leicht macht und nur so durch die Seiten fliegen lässt. Die Figuren sind liebenswert und aus dem Leben gegriffen, so erzeugt die Autorin eine für ihre Bücher wohlbekannte Wohlfühlatmosphäre.
Herr Schnepp lächelte freundlich, ich lächelte zurück. Schneppi, dachte ich, haben wir ein Glück, dass Schönheit im Auge des Betrachters liegt, hast du ein Glück, dass deine Betrachterin Frau Wiese ist, denn in deren Augen liegt deine vollumfängliche makellose Schönheit.
Seite 77
Marie und ich haben das Buch jeweils in Leseabschnitte eingeteilt und uns anschließend immer kurz ausgetauscht. Uns konnte der Inhalt wegen seines Erzählstils und vor allem der gut konstruierten Figuren ähnlich begeistern. Mariana Leky versteht es, durch ihre Bildsprache und ihr gutes Gespür für menschliche Emotionen, zu fesseln. Berührend, immer wieder auch amüsant und sehr menschlich schreibt sie von Marotten, schrulligen Nachbarn und außergewöhnlichen Begegnungen. Trotz der Kürze der Stories und dem Kummer der hier handelnden Personen, sind die Inhalte geprägt von viel Tiefgang. Mariana Leky spendet mit ihrer Art zu schreiben Geborgenheit, eine Kunst, die wohl wenige Autor:innen so beherrschen wie sie es tut. Meine Lieblingsgeschichte war Einbrecherherzen.
Zitate aus dem Buch
»Es ist mir schleierhaft, warum alle Mitpassagiere so aussehen, als sei Fliegen etwas ganz Gewöhnliches, und jedes Mal frage ich mich, ob sie vielleicht allesamt unter schweren Medikamenten stehen oder mit dem Leben abgeschlossen haben.« Seite 13
»Und ich will dich wissen lassen, dass du in ungefähr dreißig Jahren über genau diese Michaela, vor der du jetzt davon läufst und die gerade scheinbar dein ganzes Leben verpfuscht hat, sagen wirst: Warte mal, ich glaube, das ist die da hinten!« Seite 26
»Das ist natürlich unter aller Kanone, und wie jeden Mittwoch in letzter Zeit, wenn Lisas Kummer mir entgegenkommt, möchte ich Magnus eine SMS zurückschicken. Wie kann man nur, möchte ich schreiben, jemand so Kluges, Lustiges und Schönes wie Lisa verlassen, auf so schnöde Art, und außerdem hast du einen ganz und gar bescheuerten Vornamen, du Unmagnus, du kleiner Wutz.« Seite 31
»Letzten Mittwoch sind wie Schwimmen gegangen, weil ich dachte, Bewegung hilft gegen lausige Gedanken. Lisa stand im Wasser und hat in ihre Schwimmbrille geweint, denn schwimmen war sie letztes Mal mit Magnus. Magnus hat die ganze Welt versaut.« Seite 32
»Es geht vorbei, denken Herr Pohl und ich, denn das fällt einem als Erstes ein, wenn man hinter dem Liebeskummer einer Sechszehnjährigen her spaziert.« Seite 33
»Weil Dieter ein vom Glück nicht sehr begünstigter Name war und ich fand, dass es Spaß machte, sich als jemand anderes auszugeben, als jemand Begünstigtes, ganz besonders, wenn man von seiner Herde getrennt war.« Seite 57
»Vor ein paar Tagen bot ich einer klapprigen Dame an, ihr die Einkaufstüten ein Weilchen zu tragen, und hinterher sah sie mich an, als hätte ich ihr nicht ihre Tüten die Straßen hinunter, sondern sie selbst durchs Leben getragen.« Seite 72
Fazit
Mariana Leky erzeugt in ihren Büchern eine ganz eigene und besondere Atmosphäre, die auch dieser Geschichtensammlung innewohnt. Wunderschön und mitten ins Herz geschrieben.
Mariana Leky
Mariana Leky, geboren 1973 in Köln, ist eine deutsche Schriftstellerin. Sie studierte Germanistik und Empirische Kulturwissenschaften in Tübingen. Zwischen 1994 und 1996 besuchte sie das Studio Literatur und Theater. 1999 folgte ein Studium des Kreativen Schreibens und Kulturjournalismus in Hildesheim. Bereits in jener Zeit gewann Leky erste Literaturpreise für Kurzgeschichten. 2001 erschien dann ihr Debütroman Liebesperlen. Am erfolgreichsten war ihr Werk Was man von hier aus sehen kann (2017), das 65 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste stand. Es wurde anschließend verfilmt. Mariana Leky lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Berlin.
Kummer aller Art
von Mariana Leky
DuMont | 2022 | 176 Seiten
Hardcover mit Lesebändchen | ISBN: 978 3 8321 8216 8| 22.00€
Zum Buch
Mein erstes Buch von Mariana Leky, schreibt mir gerne eure liebsten der Autorin in die Kommentare.
Hach, eine wunderbare Rezension zu unserem buddyread, liebe Zeilentänzerin! ❤️
Ich bin leider gerade sehr ausgelaugt und schaffe es nicht, eine Rezension dazu zu schreiben. Aber eine Kurzmeinung kommt in den nächsten Tagen.
Danke dir, liebe Marie! Lass dir Zeit, ich freue mich dann auf deine Kurzmeinung 🙂
Liebe Zeilentänzerin
"Mitten ins Herz geschrieben" ist soooo eine schöne Formulierung für dieses Buch. Ich habe es auch sehr, sehr geliebt und es einer Freundin geliehen, die gerade unter schweren Depressionen leidet. Sie liest die Kapitel in kleinen Abschnitten für sich und fühlt sich sehr getröstet und getragen. Das Buch ist also wirklich heilsam.
Alles Liebe an dich
Livia
Hey Livia, das was du von deiner Freundin berichtest, klingt sehr tröstlich und ich finde es wunderbar, dass Literatur so bewegen kann.