Ihr Lieben, die folgende Rezension zu schreiben fällt mir schwer, denn ich bin sicher, dass das besprochene Buch polarisiert. Dennoch habe ich es gelesen und möchte darüber sprechen und versuche euch diesen Titel näher zu bringen, der mir persönlich gefiel. »Die zehn Lieben des Nishino« von Hiromi Kawakami wurde 2019 bei Hanser veröffentlicht. Die japanische Autorin schildert darin die verzweifelte Suche eines Mannes nach der großen Liebe und sich selbst.
Inhalt zusammengefasst
Nishino ist auf der Suche, wonach, das ist ihm selbst wohl nicht ganz klar. Sein Fokus liegt sein Leben lang darauf, bei einer Frau anzukommen, eine glückliche Beziehung zu führen, geliebt zu werden. Doch jede Verbindung endet nach kürzester Zeit, die Frauen trennen sich von Nishino oder brechen den Kontakt ab. Er bleibt allein zurück, bis er einer neuen Frau begegnet. Zunächst sind sie hingerissen von dem charmanten, redegewandten Mann, der meist nicht nur einer Frau gefallen möchte.
Wie war »Die zehn Lieben des Nishino«?
Nishino hat keine eigene Persönlichkeit, viel mehr erfindet er sich für jede Frau immer wieder neu, so lange, bis er in übliche Muster verfällt, mit der Frau eine Beziehung eingehen will und sie bittet, ihn nicht zu verlassen. Doch genau das widerfährt Nishino immer wieder, letztendlich kann ihn keine Frau lieben. Hiromi Kawakami hat einen Roman geschaffen, der den Nerv der Zeit trifft und die Bindungsangst -oder unfähigkeit von Menschen beschreibt. Sehr schnell und unweigerlich wird einem beim Lesen klar, dass Nishino sich selbst und die Liebe in sich nie gefunden hat. Er stellt eine tragische Figur dar, jemanden, der, wie das Covermotiv vermuten lassen kann, von einer Station zur nächsten „schwimmt“, in der Hoffnung, inneren Frieden zu finden.
Ich mag die Art wie Kawakami schreibt, ich mag die japanische Literatur und kann den oft skurrilen, teils bizarren Charakterdarstellungen und Handlungen der Figuren viel abgewinnen. Für mich hatte auch dieser Roman Unterhaltungswert, ohne dabei an sprachlicher Qualität einzubüßen. Der Erzählstil ist geprägt von poetischen Metaphern, die mich nachdenklich machten. Ich lerne gerne aus dem Geschriebenen, nehme daraus Inspiration für mich mit oder begreife verschiedene Perspektiven. Dies ist der Autorin gelungen und schon deshalb mochte ich »Die zehn Lieben des Nishino« sehr gerne. Der Protagonist selbst wurde mir nie sympathisch, viel mehr empfindet man Mitleid mit seiner Person oder ist geneigt, bei seinem immer gleichen Verhalten mit den Augen zu rollen. Und ich bin sicher, dass Kawakami genau dies mit ihrer Charakterzeichnung bezwecken wollte. Dennoch fühlt man sich zeitweise mit Nishino verbunden, denn seine Gedanken und Ängste, sein Wunsch nach Zugehörigkeit ist nur allzu menschlich.
Nishino zu küssen war wunderschön. Schöner als alles, was ich bisher gekannt hatte. Und doch fühlte es sich einsam an. Es war der einsamste aller Momente von Einsamkeit, die ich je erlebt hatte.
Seite 43
Jedes Kapitel im Buch widmet die Autorin einer Frau aus Nishinos Leben. So erfahren wir als Leser:innen wie diese ihn kennen lernten, wie ihre Verbindung verlief und weshalb sie zum Scheitern verurteilt war. So setzt sich nach und nach ein Bild zusammen und es wird klar, weswegen Nishino sein Leben lang auf der Suche bleiben wird. Es können keine tiefen Gefühle entstehen, Nishino lässt nur soviel zu, wie er selbst ertragen kann. Mir gefiel besonders die sachliche Schilderung der Geschehnisse und des Verhaltens der Figuren. Hiromi Kawakami klagt nicht an und wertet nicht. Ich mag die Art der Autorin zu schreiben, auch wenn es hier Szenen gab, die nicht immer leicht verdaulich waren. Und dieser Umstand ist es wohl, der so manchen am Buch zweifeln lassen mag. Deshalb verzichte ich auf eine drängende Empfehlung, betone aber, wie gut ich das Werk fand.
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