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Krimi & Thriller

Die Verborgenen – Linus Geschke

Es ist doch sehr ungewöhnlich für mich so viele Titel im Thriller-Genre zu lesen, umso erstaunter bin ich darüber, dass so viele Bücher meine Neugier wecken konnten. Besonders in den Herbstmonaten habe ich mich dieser Rubrik gewidmet und wurde im Großen und Ganzen nicht enttäuscht, viel mehr ist meine Lust auf weitere Thriller noch gewachsen. Ich stelle euch in dieser Rezension »Die Verborgenen« von Linus Geschke vor, veröffentlicht im Juni diesen Jahres bei Piper. Der Autor konstruiert darin eine brisante Familiengeschichte und verbindet diese mit einer düsteren Thematik.

Inhalt zusammengefasst

Sven und Franziska sind seit vielen Jahren ein Paar und verheiratet. Gemeinsam mit ihrer siebzehnjährigen Tochter Tabea leben sie in einem Haus in idyllischer Umgebung an der norddeutschen Küste. Die perfekte Fassade der Familie beginnt zu bröckeln als sie feststellen, dass sich ungewöhnliche Dinge abspielen: Gegenstände verschwinden, Fußspuren werden im Keller gesichtet und Lebensmittel scheinen zu fehlen. Die Eheleute verdächtigen sich gegenseitig. Ein ungebetener Gast ist für all das verantwortlich. Ein Gast, von dem die Familie nichts weiß und der sie zerstören will.

Wie war »Die Verborgenen«?

Wer den Klappen- oder Infotext aufmerksam liest wird möglicherweise schon ahnen, dass Linus Geschke sich hier einem gruseligen, aber keinesfalls abwegigem Phänomen nähert, dem Phrogging. Dabei handelt es sich um Menschen, die ohne das Wissen der Bewohner in Wohnungen oder Häuser eindringen und dort zeitweise unbemerkt leben. Die Vorstellung, jemand könnte sich heimlich an dem Ort aufhalten, der uns die größtmögliche Sicherheit vermitteln soll, unser Zuhause, ist beunruhigend. Der Gedanke allein bescherte mir eine Gänsehaut, machte das Buch aber umso spannender für mich.

Du siehst sie nicht, du hörst sie nicht – und dennoch teilen sie dein Leben. Die Aufmachung des Buches spart nicht mit weiteren spannungsgeladenen Aussagen und schon allein das Covermotiv verspricht einen hohen Gruselfaktor. Die Geschichte ist in Kapitel eingeteilt, Geschke schildert die Handlung aus verschiedenen Perspektiven, dabei handelt es sich um die Sichtweisen der Familie und des Phroggers. Der Autor zeichnet eindrücklich das Bild einer scheinbar perfekten Familie. Sven und Franziska sind sich fremd geworden, beide führen ein Doppelleben, sie scheint einzig noch die Liebe zu ihrer gemeinsamen Tochter Tabea zu verbinden.

Die gut konstruierten Charaktere und vor allem ihre Gedankenwelt haben mich beim Lesen sehr gefesselt, die Schreibweise von Geschke tut dabei ihr Übriges. Es gelingt ihm, seine Leser:innen tief in die Psyche der Figuren eintauchen zu lassen und so die Spannung hochzuhalten. Das sich zusätzlich noch ein Unbekannter in ihrem Haus eingenistet hat und ein persönliches Ziel verfolgt, ahnt niemand der dreiköpfigen Familie. Es ist vor allem Franziska, auf die man es abgesehen zu haben scheint und die schnell sicher ist, dass ihr Ehemann Sven hinter den mysteriösen Ereignissen steckt. Durch die Kapitel aus Sicht des Phroggers erfahren wir wage Anhaltspunkte zum Leben und dem Motiv, bis es zum Showdown kommt.

Besonders wegen seiner subtilen Gruselstimmung und dem Verzicht körperlicher Gewalt ist dieser Thriller so atemberaubend und von großer Raffinesse. Linus Geschke beweist ein großes Gespür für menschliche Denkmuster und erzählt die Geschichte mit viel Tiefgang, insbesondere in Anbetracht des Genres. Während des Lesens überkommt einem Unbehagen und durch die immer wieder neuen Informationen, die von den handelnden Personen preisgegeben oder vom Autoren aufgedeckt werden, steigt der Spannungsfaktor ins Unermessliche.

Ein paar wenige Kritikpunkte möchte ich letztendlich dennoch nicht unerwähnt lassen. Die Figur der Franziska wird durch die Geschichte hinweg sehr negativ, sehr einseitig beschrieben und zum Schluss gänzlich fallen gelassen. Es gibt Charaktere im Buch, mit denen der Autor kein Ziel verfolgt, die der Handlung nicht förderlich sind und die es schlichtweg nicht gebraucht hätte. Das große Potential des Themas Phrogging wurde nicht gänzlich ausgeschöpft und das Ende wirkte gehetzt. Trotz dieser Punkte gebe ich eine große Empfehlung für diejenigen ab, die spannungsgeladene und Thriller mögen. Besonders die Charakterzeichnungen und der Schreibstil sind hier gut umgesetzt.

Fazit

Ein faszinierender Thriller, der ohne blutige Szenen auskommt und bis zum Schluss in Atem hält und doch einige Schwachstellen aufzeigt.

Linus Geschke

Linus Geschke, geboren 1970 in Köln, ist ein deutscher Schriftsteller. Er arbeitete u.a. für Spiegel Online oder die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Er erhielt für Reisereportagen mehrere Journalistenpreise. Seine Thriller standen auf Bestsellerlisten, die Jan-Römer-Serie wurde sogar verfilmt.


Die Verborgenen

von Linus Geschke
Piper | 2023 | 368 Seiten
Paperback | ISBN: 978 3 492 06479 8| 17.00€
Zum Buch


So langsam aber sicher entdecke ich mein Faible für Thriller. Dieser erste Titel von Linus Geschke hat schon einmal Lust auf mehr gemacht. Kennt ihr seine Bücher?

About Author

Ich (w, 36 Jahre) komme aus Berlin und lebe nach längeren Stationen in Hamburg und Freiburg nun in Wiesbaden. Ich mag Bücher und die Fotografie. Hier versuche ich beides miteinander zu vereinen.

2 Comments

  • Livia
    6. Januar 2024 at 10:14 am

    Liebe Zeilentänzerin

    Von Linus Geschke habe ich noch nichts gelesen, aber ich bin immer auf der Suche nach spannenden Thrillern. Schade allerdings, dass die Figuren (vor allem die Frauenfigur, ein Schelm wer böses denkt…) nicht ihr volles Potenzial alschöpfen und ja, auch das Thema würde sehr viel hergeben.

    Ich habe vor Jahren einmal einen Tatort gesehen, in dem es unter anderem um Phrogging ging (ich wusste nicht, dass das Phänomen so heisst, danke für das Wort) und es ist nach wie vor einer der spannendsten und gruseligsten Krimis, den ich je gesehen habe, weil einfach Phrogging so gruselig ist…

    Danke für die aussagekräftige Rezension und alles Liebe
    Livia

    Reply
    • Zeilentaenzerin
      6. Januar 2024 at 2:30 pm

      Danke, du Liebe! Ja, die Vorstellung ist auch wahnsinnig beklemmend!

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